TAG 5
--Gedanken--
Unterernährt.
Oder Stuhlkarussel
fahren.
Wenn die wärmende
Sonne nicht mehr wärmt, wenn Licht nur noch Dunkelheit verströmt, wenn nichts
mehr satt macht, dann ist man unterernährt. Wenn jedes kleine Stückchen
Zuwendung, jenseits von all der intermenschlichen Eisigkeit, zum Feuerwerk
wird, zum letzten grünen Grashalm, an den man sich klammert. Wenn das Herz in
Windeseile an die letzten lauwarmen Wesen gehängt wird und diese als
sonnenheiße empfunden werden, wenn sich die mühsam erwachsene Hoffnung als
trügerisch-fatamorgane Illusion entpuppt, wenn wieder nur einer fühlt, was es
zu fühlen gilt, dann ist man unterernährt.
Emotional
unterernährt.
Dann macht jedes noch
so winzige Haferkörnchen satt. Dann meint man, dieser winzige Krümel stillte
den Leerenhunger. Dann meint man, das Brummen und Knurren des Magens verstimmen
zu hören. Doch vor lauter Darben werden die Sinne getäuscht. Vor lauter Schmerz
übersieht man, dass nicht der rettende Laib vor einem liegt. Vergisst man, dass
man lediglich ein Spatz unter vielen ist, dem ein aberkleines Krümchen zugeworfen
wird. Ohne besondere Affektion.
Wenn man auf einer
Insel sitzt, keiner einsamen. Wenn der Hals sich uhugleich reckt und streckt
und der Kopf inspiziert, wie die Seefahrer vorbeiziehen. Wie andere stranden.
Wie andere auch allein zu sein scheinen. Wie sie doch aber alle auf jemanden
warten. Wie die mehrsame Insel dann letztlich zur einsamen wird. Wie alle, die
passieren, Karussell zu fahren scheinen. Oder ist man gar selbst derjenige, der
sich dreht? Und alles andere steht still?
Wenn einem schwindlig
wird, wenn man den anderen beim leben zusieht. Als drehe man sich auf einem
Stuhl. Immer und immer um die eigene Achse. Ohne Pause. Bis alles verschwimmt
und man machtlos durch die Gegend taumelt. Und fällt.
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