Themen

  • WeLtEnWuT
  • Herzschmerz.
  • kurzGeschichten
  • (Philo)Sophie
  • Leben
  • Schreibkunst
  • (Un)Tiere
  • Krake/MONSTER/schwarzesBiest
  • Selbstfindungswirrwarr
  • DEPRESSION.

Gesamtzahl der Seitenaufrufe

Freitag, 15. März 2013


Tag VIER (Theater spielen Part II und "nachgefühlt")

Freitag Abend. Endlich. Abschalten, rumhängen, schlafen. Man selbst sein. Jette passt das, was sie sein soll, wie sie sein soll, nicht in den Kram. Wieder muss sie nur eine Funktion erfüllen. Wieder mal geht es nicht um SIE. Zweckmäßig sein, etwas darstellen (dabei können das doch die Juristenpüppchen viel besser...) - darum geht es erneut. Hier schätzt sie niemand dafür, was sie ist, wie sie ist, was sie kann, was sie mag. Hier ist sie nur eine Nummer. Praktikantin 237.518 000. Oder so. Ein Nichts. Ersetzbare, durchlaufende Ware. Aber Hauptsache da. Für's Protokoll. Für's Foto. Jette fühlt sich benutzt. Mal wieder. Sie kommt nicht richtig zu Wort, sie wird nicht richtig los, was sie gern von sich geben würden. Sie kann gar nicht sie sein. Darum geht's aber auch nicht. Hier geht es um Friede-Freude-Eierkuchen-Darstellungen. Jette spürt, wie sich zum Fruchtkompott wird, das man oben auf dem Backwerk drapiert - und kann nichts dagegen tun. Wieder hilflos. Wieder tatenlos. Dabei rumort es. Was würde ihre Therapeutin jetzt sagen? Meckern? Wahrscheinlich. Da sind wieder irgendwelche männlichen Wesen, die sie umherschubsen und Jette, Jette kassiert stumm die blauen Flecke und Beulen. Glückwunsch. Aber... sie...sie hat ja auch gar keine Gelegenheit...? Und irgendwie ist das auch nicht gerade der Ort der ehrlichen Worte. Das Theaterspiel geht weiter. Eine riesen Bühne. Ein riesen Drama. Unzählige Akteure. Keep smiling. Fehlplatziert. Jette hat keine Lust darauf, als Aushängeschild missbraucht zu werden. Keine Lust darauf, nicht aufrichtig antworten zu dürfen. Kritik zu äußern. Ja, zur Berufsfindung trägt das alles bestimmt bei - immer eindeutiger steht fest, dass es das ist, was sie NICHT will... und still und stumm ärgert sich Jette über sich selbst. Sie kennt das. "Mitspielen" müssen. Keine Widerworte. Immer schön schweigen. Genau das war in der Vergangenheit der große Fehler. Genau das hat sie auseinanderbrechen lassen wie die kostbare chinesische Vase von der Anrichte. Und wenn beim letzten Mal vielleicht die Kraft fehlte, für sich zu kämpfen, so ist es in diesem Umfeld jetzt einfach nicht geboten.
Paradoxerweise schwemmt die negative Erinnerung auch Sehnsucht und Wehmut mit auf. Das ist nicht Brutus. Fieser: Das sind Amors Parasiten. Sie hat es doch getan. Sie wollte kein Tiramisu essen. Sie wusste, dass das eine gefährliche Assoziation weckt. Sie wollte nicht Dido und Poisel hören. Aber wenn das Radio das spielt, was soll man da schon tun? Sie wollte sich nicht dabei ertappen, wie sie immer auf die identischen Strickergebnisse nach identischen Strickmustern anspringt. - Sie tut es doch. Sie wollte sich nicht mehr vorstellen, wie es wäre, wenn sich nicht alles zu einer Endzeitschlacht und einem Trümmerhaufen entwickelt hätte. Wollte nicht mehr den Gedanken nachhängen, wie es wäre, glücklich geworden zu sein. Wollte die wenigen guten Momente vergessen. Und jetzt, jetzt tut sie es doch: sie sucht vertraute Ähnlichkeiten in wildfremden Menschen. Findet sie. Stellt sich vor, sie wäre der blonde, schlafende Schopf neben dem vermeintlich vertrauten braunen. Dieses scheiß Dessert. Dieser scheiß Kellner. Naja,eigentlich war der ja echt sympathisch. Aber wenn tatsächlich für einige Momente das Herz wieder vergisst, dass es längst losgelassen hatte und der Kopf, der sonst der Störenfried ist, auf einmal unterliegt und schweigt, dann verflucht Jette die Dessertkarte. Und die Radiostationen. Und den netten Kellner. Und sich selbst. Aber "Zeit heilt alle Wunder, schon nach wenigen Jahren. Nur noch Narben da, wo Wunder waren"?!?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen