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Sonntag, 5. Mai 2013
FÜNFZEHN.
Wie durchgekaut und ausgekotzt. Oder "Hallo Brutus!"
Was eine miese Woche. Gut, dass Sonntag Abend ist. Vielleicht (oder eher hoffentlich) werden die kommenden sieben Tage besser.
"Ich komme ganz gut zurecht", hat Jette am Freitag noch ihrer Therapeutin geschrieben. Ach ja? Und wo ist der jetzt hin? Dieser gewisse "Ich komme ganz gut zurecht"?
Am Nachmittag zur Abwechslung mal wieder geweint. Druck ablassen. Doch ein schlechtes Timing mit dem "Tabletten reduzieren". Denn jetzt ist das in der Art eingetreten, was Jette vermeiden wollte: mit einem knurrenden Brutus allein dasitzen. Aber M musste ihr für morgen früh absagen und Jette kann lediglich am Dienstag bei ihr anrufen, um sich neue Termine für nach den Ferien zu machen. Toll.
Klar, es gab in vergangenen Tagen einige "blöde" Ereignisse.
Wenn jemand stirbt, ist das immer ein Problem (wäre es jemand Nahestehendes, dementsprechend eine Tragödie).
Wenn jemand auszieht, nimmt Jette das wieder die lange Hoffnung auf einen festen Ort, den sie irgendwie als "Zuhause" bezeichnen kann. Einen Ort, wo alles gut ist. Wo sie sie ist. Eine Höhle. Ein Nest. Das hat sich nun wohl wieder erledigt. Dabei wäre es so wichtig. So wichtig.
Aber ist es das allein? Das beides? Zusätzlich zu möglichen Reduktionserscheinungen der Medikamente natürlich?
Da ist noch mehr, was knurrt und beißt und zieht und zerrt. Es ist die Erkenntnis.
Eigentlich dachte Jette, neue Wahrheiten zu erkennen, haut sie inzwischen nicht mehr um.
Dachte sie sich so töricht.
Freitag war Erkenntnis-Tag. Und da tat nix weh.
Und jetzt, jetzt tut es das. Weh.
Wehe mir. Wehe dir. Wehe Brutus.
Jette hat nur im Beipackzettel der Tabletten ihres Mitbewohners gelesen.
Depersonalisierung.
Ach, für das komische Gefühl gibt es also sogar einen Namen?
Na sehr schön!
Agoraphobie.
Aha.
Ja, "Platzangst", okay, hat sie ja nicht, weitermachen, kein Ding, alles gut.
Moment.
Es geht nicht um Klaustrophobie. Es geht um die Angst vor einem bestimmten Platz.
"Immer die Flucht ergreifen". "Ganz am Rand sitzen". "Nicht weit weg fahren können". "Weite Plätze meiden".
Scheiße.
Gleiche Website, anderes Problem:
Soziophobie.
Scheiße. Scheiße. Scheiße.
Brutus hat also Spielgefährten.
3.
Mindestens.
Und M hat darauf schon angespielt.
Sie hat so Recht. Darum windet und wendet sich Jette dauernd. Immer schön Feinden ausweichen. Situationen vermeiden. Und die zugehörigen Gefühle.
Verdammt.
Ja, darauf angespielt hat sie schon mehrmals.
Jetzt spielt Jette mit.
So ne einfache Depression ist ja auch viel zu eintönig.
Schreibt Jette und sitzt im Dunkeln.
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